Römermuseum Flavia Solva wird neu gestaltet

Wagna, 30. März 2012 - Flavia Solva im Gebiet der Marktgemeinde Wagna ist die einzige Römerstadt der Steiermark, als erste „Landeshauptstadt" ein wichtiger Bestandteil unseres kulturellen Erbes sowie der bedeutendste römerzeitliche Fundplatz des Landes.
Der Stadtplan, wie er uns heute geläufig ist, stammt aus den Grabungen des Archäologen Walter Schmid während des Ersten Weltkrieges. Durch den Einsatz von Kriegsgefangenen konnten die Umrisse der Stadt weitgehend sichtbar gemacht werden. Auch die Entdeckung des Amphitheaters von Flavia Solva geht auf diese Ausgrabungen zurück.
Direkt im Ausgrabungsgelände wurde 2004 - im Jahr der Landesausstellung „Die Römer" - vom Universalmuseum Joanneum über den freigelegten römerzeitlichen Grundmauern der Insula XXII ein Museumsgebäude errichtet, das den Besucherinnen und Besuchern das Leben in der antiken Stadt ungewöhnlich nahe bringt und so eine Brücke von der Gegenwart in die antike Vergangenheit unseres Landes darstellt. In den Jahren 2012 und 2013 werden das Römermuseum Flavia Solva und sein Umfeld auf Basis eines vom Universalmuseum Joanneum und mit Vertreterinnen und Vertretern der Marktgemeinde Wagna, des Bundesdenkmalamts sowie der Universität Graz ausgearbeiteten Konzepts neu gestaltet. Dieses Projekt umfasst neben dem Umbau des Museumsgebäudes auch die Sanierung der römerzeitlichen Ruinen der Insula XXII und die Gestaltung des Freigeländes mit einer Fläche von mehr als 20.000 m². Darüber hinaus soll auf dem Gebiet der Marktgemeinde Flavia Solva die Ausdehnung der antiken Stadt sichtbar gemacht werden.
Im Detail sieht das Projekt vier Maßnahmenpakete vor:
1. Neugestaltung des Museumsgebäudes
Der Museumspavillon wird in eine großräumige, von außen begehbare Schauvitrine umgebaut, die ganzjährig bei freiem Eintritt zugänglich ist und soll eine zusätzliche Belebung und Attraktivierung durch ein integriertes Café erfahren. Eine dementsprechende gastronomische Nutzung wurde von der Steiermärkischen Landesregierung in der Regierungssitzung am 29.03.2012 einstimmig beschlossen. Die neue Ausstellung wird die wichtigsten Objekte der mehr als 130-jährigen Forschungsgeschichte Flavia Solvas in einem völlig neuen Konzept zeigen. Bestimmendes Element der Präsentation ist die Geschichte von Flavia Solva aus dem Blickwinkel der Stadtforschung, um dem Phänomen „Stadt" als Ganzem nicht nur archäologisch-historisch, sondern auch aus soziologischer und architektonischer Sicht Rechnung zu tragen. In der Geschichte der Steiermark hat es nie wieder ein vergleichbares Projekt der planmäßigen Anlage einer kompletten Stadt „auf der grünen Wiese" gegeben: Der von römischen Landvermessern definierte Straßenraster schließt Gebäudekomplexe von sogenannten insulae ein, die etwa 400 Jahren lang besiedelt waren. Wenn auch, abgesehen vom Amphitheater, die öffentlichen Bauten wie Tempel, Thermen oder das Forum noch nicht entdeckt werden konnten, können wir doch Funktionszonen wie etwa ein Handwerkerviertel feststellen.
2. Konservierung und Restaurierung der römerzeitlichen Grundmauern sowie Ausarbeitung eines zeitgemäßen Vermittlungsprogramms
Ein Teil der freigelegten römerzeitlichen Grundmauern wird restauriert, die stark in Mitleidenschaft gezogenen Bereiche werden durch Verfüllung geschützt. Der Verlauf der Mauern, die mit Erdreich verfüllt werden, wird mit gestalterischen Mitteln erkennbar gemacht. Frei sichtbar bleiben die Grundmauern von Raum 7 - einem kleinen Einzelgebäude mit einer Fußbodenheizung - und die unter dem Museumspavillon liegenden Räumlichkeiten, die entlang einer der Hauptstraßen der Stadt ausgerichtet waren und vielleicht als Verkaufsläden gedeutet werden können. Damit werden die attraktivsten Abschnitte der antiken Mauern auch zukünftig originalgetreu zu sehen sein. Ein bereits 2012 bespielbares archaeocamp wird als Kompetenzzentrum eingerichtet, in dem eine Vielzahl von archäologischen Inhalten von der der experimentellen Archäologie bis zum Kulturgüterschutz an Besucherinnen und Besucher von 3 bis 103 Jahren vermittelt werden können. In einer ersten Testphase werden 2012 unterschiedliche didaktische und inhaltliche Modelle entwickelt und erprobt, sodass mit dem Projektende im Jahr 2013 Unterlagen für unterschiedliche Workshops für alle Altersstufen zur Verfügung stehen werden. Forschungsprojekte, die ausreichend Inhalte für zukünftige Ausstellungen liefern, sollen in Zukunft neueste Erkenntnisse zum Leben im antiken Flavia Solva erbringen.
3. Sichtbarmachung der antiken Stadt auf der gesamten Freilichtanlage
Durch gestalterische Maßnahmen im Freigelände, das eine Fläche von ca. 20.000 m2 umfasst, wird ein Eindruck vom Ausmaß der antiken Stadt vermittelt, indem die Konturen einzelner insulae sichtbar gemacht werden.
4. Interventionen im öffentlichen Raum
Auf dem Gebiet der Marktgemeinde Wagna wird mithilfe eines modernen Leitsystems und durch Infomodule die Gesamtausdehnung der antiken Stadt mit einer Fläche von mehr als 40 ha - dies entspricht der Ausdehnung der Altstadt von Graz - sichtbar gemacht. Gerade diese Maßnahmen zielen darauf ab, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Archäologie von Flavia Solva öffentlichkeitswirksam für den regionalen Tourismus nutzbar zu machen. Für die geplanten baulichen, restauratorischen und infrastrukturellen Maßnahmen stehen insgesamt 400.000 EUR zur Verfügung. 360.000 EUR stellt die Steiermärkische Landesregierung auf Antrag von Kulturlandesrat Christian Buchmann aus dem EUFörderprogramm „Regionale Wettbewerbsfähigkeit Steiermark 2007-2013" zur Verfügung. Die übrigen Mittel in der Höhe von 40.000 EUR stammen vom Universalmuseum Joanneum und dem Bundesdenkmalamt.
Die Bauarbeiten beginnen im April, sodass dem Saisonstart im Juni 2012 nichts im Wege steht. In der Folge können die Besucherinnen und Besucher des Areals hautnah den Fortschritt der Adaptierungen mitverfolgen.
Statements
Kulturlandesrat Christian Buchmann: „Ich freue mich, dass auf meine Initiative durch konstruktive Gespräche der Verantwortlichen im Museum und der Beteiligten in der Gemeinde nun eine Situation geschaffen worden ist, die Flavia Solva nicht nur konserviert, sondern auch Neues möglich macht."
Peter Sunko, Bürgermeister der Marktgemeinde Wagna: „Allen Unkenrufen zu Trotz haben wir es gemeinsam mit den Verantwortlichen des Landes geschafft, ein nachhaltiges Projekt für die Zukunft zu initiieren. Jetzt liegt es daran, das in Aussicht gestellte Gesamtkonzept auch in den nächsten Jahren umzusetzen und fortlaufend für Neuerungen zu sorgen, um die Römer ‚aufleben‘ zu lassen!"
Die beiden Geschäftsführer des Universalmuseums Joanneum, Intendant Peter Pakesch und
Direktor Wolfgang Muchitsch: „Seit seiner Gründung 1811 hat das Universalmuseum Joanneum eine Vielzahl sowohl struktureller als auch inhaltlicher Adaptierungen seiner Sammlungen und Standorte durchlaufen. Im Sinne der anspruchsvollen Funktionen und musealen Aufgaben im 21. Jahrhundert sehen wir die Neugestaltung des Römermuseums Flavia Solva als weiteren Meilenstein in diesem dynamischen Prozess, einen historisch bedeutsamen Ort für die Öffentlichkeit ansprechend und zeitgemäß zu präsentieren. Hierfür gebührt allen am Projekt Beteiligten großer Dank für die konstruktive Arbeit.