Mit flächendeckender Entschärfung von Wildunfall-Hotspots Gefahr für Mensch & Tier reduzieren!
In der Brückenmeisterei Graz präsentierten heute Verkehrs- und Tierschutzlandesrat Anton Lang, Tierschutzombudsfrau Barbara Fiala-Köck, HR Karl Lautner (STED), Landesjägermeister ÖR Heinz Gach und Projektleiter Wolfgang Steiner von der BOKU Wien das auf ein Basisprojekt aufbauende Folgeprojekt „Wildtierschutz und Verkehrssicherheit Steiermark" für den Zeitraum 2016 bis 2020. Ziel dieses Praxismoduls ist die Erarbeitung und Umsetzung eines professionellen, flächendeckenden Verkehrsfallwild-Managementprojektes für die Steiermark.
Laut Jagdstatistik sterben jährlich fast 100.000 Wildtiere auf Österreichs Straßen. Etwa 20 % dieser Unfälle werden auf den weißgrünen Straßen verzeichnet. Im Jagdjahr 2014/15 kam es dabei zu 7.200 Unfällen mit Rehen. Die Dunkelziffer ist aufgrund vieler Begleitfaktoren (Fahrerflucht, Diebstahl, erfolglose Nachsuche, etc.) und oftmals unzureichender Aufzeichnungen weitaus höher. Neben Personen- und Sachschäden und dem möglichen Verlust von geschützten Tierarten kommt es durch Wildunfälle auch zu unnötigem Tierleid durch Verletzungen der Tiere bzw. zum traurigen Schicksal verwaister Jungtiere.
Im Jahr 2014 ereigneten sich auf Österreichs Straßen 280 Wildunfälle, bei denen auch Personen zu Schaden gekommen sind. Es wurden 338 Menschen verletzt und zwei Personen getötet. Die meisten dieser Wildunfälle passierten in Niederösterreich, gefolgt von der Steiermark, Oberösterreich, Kärnten, Salzburg, Tirol, dem Burgenland und Vorarlberg (Quelle: Statistik Austria, Bearbeitung: ÖAMTC Unfallforschung). Nicht einberechnet in diesen Zahlen sind Unfälle, die nur zu Sachschäden führen, da diese in der Unfallstatistik nicht erfasst sind. Informationen mehrerer österreichischer Versicherungsträger aus dem Jahr 2011 zufolge ist ein durchschnittlicher Schaden an einem PKW bei einem Wildunfall mit mindestens Euro 1.600,-- zu bemessen. Zusätzliche Kollateralschäden heben diese Summe auf durchschnittlich etwa Euro 2.200,--. Schätzungen zufolge, liegt der jährliche volkswirtschaftliche Schaden, welcher durch Wildunfälle in Österreich verursacht wird, bei über 160 Mio. Euro. Hauptgründe für die stetig steigenden Wildunfallzahlen sind die Zerstückelung von Lebensräumen (Fragmentierung) durch den Neubau von Verkehrswegen, die Zunahme des Individualverkehrs auf Österreichs Straßen und hohe Fahrgeschwindigkeiten.
Bereits im Jahr 2014 konnte in der Steiermark ein Wildunfall-Management-Projekt (Basismodul) ins Leben gerufen werden, welches gemeinsam mit der BOKU (Universität für Bodenkultur, Wien, Department für Integrative Biologie und Biodiversitätsforschung /DIBB, Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft / IWJ) und unter finanzieller Beteiligung der Steirischen Landesjägerschaft und des Landes Steiermark abgewickelt wurde.
Ziel dieses Basismoduls war und ist es, eine ökonomisch und ökologisch nachhaltige Lösung der Problemstellung „Wildtiere und Verkehr" zu erarbeiten und umzusetzen. Im Projekt „Wildtierschutz und Verkehrssicherheit Steiermark - Basismodul" wurden in 18monatiger Projektlaufzeit die drei Säulen „Wildunfalldaten", „Wildschutzmaßnahmen" und „weitere Vorgehensweise" für die Steiermark durchleuchtet und bereits erste Maßnahmen für ein professionelles Verkehrsfallwildmanagement erarbeitet. So wurde neben den IST-Zustandserhebungen der Vorgangsweisen von Land Steiermark und Landesjagdverband Steiermark, der Straßenausrüstung und der Wildunfallsituation bereits eine Ausrüstung von fünf steirischen Jagdrevieren in den Bezirken Südoststeiermark und Voitsberg durchgeführt. In diesen Pilot-Jagdrevieren wurden Wildunfall-Hotspots, also Straßenzüge mit vermehrtem Wildunfall-Aufkommen, mit Wildwarngeräten neuester Generation ausgestattet. Die Rückmeldungen der Pilot-Jagdreviere bezüglich Wildunfalldaten seit den Gerätemontagen Anfang Mai 2015 zeigen Rückgänge der Unfälle mit Rehwild auf den ausgerüsteten Strecken von 25 % bis 66 % im Vergleich zu den Durchschnittswerten der Vorjahre.
Nun ist es in der Steiermark gelungen, auf dem Basisprojekt aufbauend das Folgeprojekt „Wildtierschutz und Verkehrssicherheit Steiermark - Praxismodul" für den Zeitraum 2016 bis 2020 zu etablieren. Ziel dieses Praxismoduls ist die Erarbeitung und Umsetzung eines professionellen, flächendeckenden Verkehrsunfallwild-Managementprojektes für die Steiermark, basierend auf den Analysen des vorangegangenen Basismoduls sowie Erfahrungen anderer Bundesländer und ähnlich gearteter internationaler Projekte. Im Projekt ist ein ganzheitlicher Ansatz der Thematik „Wildtiere - Tierschutz und Verkehr" geplant, der von der professionellen jährlichen Ausrüstungsplanung diverser Straßenzüge mit Wildwarngeräten bis hin zur beratenden Unterstützung bei der Errichtung von Barrieren für Wildtiere (z. B. Lärmschutz, Zäunung etc.) führen soll. Das Praxismodul ist mit einer Projektdauer von fünf Jahren bemessen, da viele Prozesse im Wildunfallschutz erst nach längeren Laufzeiten ersichtlich bzw. mittels Zahlen mess- und beweisbar sind. Bei diesem Praxismodul liegt das Hauptaugenmerk auf der sukzessiven, flächendeckenden Entschärfung der Wildunfall-Hotspots auf steirischen Straßen und - dadurch langfristig gesehen - der Senkung der Wildunfallzahlen und der Erhöhung der Verkehrssicherheit für Mensch und Tier. Das Praxismodul wird unter der wissenschaftlichen Leitung der BOKU und unter finanzieller Beteiligung der Steirischen Landesjägerschaft und des Landes Steiermark durchgeführt.
Das Land Steiermark stellt für die Jahre 2016 bis 2020 einen jährlichen Förderungsbeitrag in der Höhe von insgesamt Euro 35.000,- zur Verfügung (Euro 20.000,- Förderungsbeitrag für den Tierschutz in der Steiermark und Euro 15.000,- Verkehrssicherheitsmaßnahmen) und stellt somit die grundlegende Finanzierung dieses Projektes sicher. Die Jägerschaft hat sich mit einer jährlichen Summe in der Höhe von Euro 15.000,- beteiligt. Die Finanzierung von Maßnahmen wie z. B. Wildwarnreflektoren, die Wildtiere durch Signale vor einem sich nähernden Fahrzeug warnen, wird zu 2/3 vom steirischen Straßenerhaltungsdienst (STED), zu 1/6 von der Steirischen Landesjägerschaft und zu 1/6 vom jeweiligen Jagdrevier getragen.
„Das Projekt „Wildtierschutz und Verkehrssicherheit" liegt mir besonders am Herzen. Damit wird einerseits die Sicherheit für Menschen im Straßenverkehr erhöht und zum anderen ergreift man so nachhaltige Maßnahmen für den Tierschutz. Als persönlich bereits von einem Wildtierunfall Betroffener weiß ich um die dramatischen Auswirkungen eines solchen Unglücksfalls Bescheid und freue mich als für den Tierschutz und auch für den Verkehr zuständiger Landesrat daher doppelt über die Umsetzung dieses für die Menschen und die Tierwelt gleichermaßen wichtigen Projektes", betont der steirische Verkehrstierschutzlandesrat Anton Lang. HR Karl Lautner, Fachabteilungsleiter der STED dazu: „Bereits in den letzten Jahren haben wir im Straßenerhaltungsdienst beim Wildunfallschutz sehr eng mit der Jägerschaft zusammen gearbeitet. Durch die neue Projektstruktur mit der Einbindung von Mag. Steiner wird es zu einer weiteren Verbesserung und Optimierung des Wildunfallschutzes auf unseren Landesstraßen kommen. Unser Ziel ist es, mit gleichbleibenden finanziellen Mitteln von Euro 30.000,-- im Jahr, die Streckenabschnitte, wo Wildunfälle passieren, so auszustatten, dass die Wildschutzeinrichtungen die bestmögliche Wirkung erzielen. Dieses tolle Projekt ist ein Gewinn für alle, für die Verkehrsteilnehmer, für das Wild, für die Jägerschaft und für das Land." Lobende Worte kommen von der steirischen Tierschutzombudsfrau Barbara Fiala-Köck: „Als Initiatorin des Projekts freue ich mich besonders, dass es gelungen ist, in einem Folgeprojekt für die nächsten fünf Jahre in Zusammenarbeit mit Land, Steirischer Landesjägerschaft, Tierschutzombudsstelle und Universität für Bodenkultur das Thema `Wildtierschutz und Verkehrssicherheit´ professionell aufzuarbeiten. Neben vielen anderen Wildarten sind im Jagdjahr 2015/2016 auf steirischen Landes- und Gemeindestraßen 56 Stück Rotwild, 7 Gamswild, 7416 Stück Rehwild, 3 Stück Muffelwild, ein Damwild und 37 Stück Schwarzwild, also insgesamt 7520 Wildtiere zu Tode gekommen. Insbesondere Unfälle mit größeren Wildtieren führen zu schweren Sachschäden und erheblichen Verletzungen bei den betroffenen Personen. Aus Tierschutzsicht ist insbesondere der Verlust geschützter Wildarten und das erhebliche Tierleid anzuführen. Das Ziel des Projektes ist es, durch praxistaugliche Lösungen eine nachhaltige Reduktion der Wildunfälle zu erreichen und damit die Verkehrssicherheit für die Menschen zu erhöhen und Tierleid zu reduzieren." Und Landesjägermeister ÖR Heinz Gach erklärt: „Wir als steirische Jägerinnen und Jäger wollen durch den Einsatz neuer Technologien im Straßenverkehr, welche von Jägerschaft und Land gemeinsam finanziert werden, unnötiges Tierleid verhindern und die Verkehrssicherheit erhöhen." Und Projektleiter Wolfgang Steiner von der BOKU Wien stellt klar: „Wildunfallschutz kann nur „gemeinsam" (Politik, Verwaltung, Straßendienst, Tierschutz, Jagd, Wissenschaft, etc.) erfolgreich gelebt werden. Das zieht sich von den Grundlagen über rechtliche Vorgaben und professionelles Management bis hin zum Einsatz in der Praxis. Wildunfallschutz betrifft uns alle und wir versuchen mit diesem vorbildhaften Projekt auch auf breiter Ebene alle Interessierten optimal einzubinden."